Aufträge von Behörden sind für Wissenschaftler und Forscher in Deutschland das Nonplusultra. Für Studien aller Art werden zum Teil enorme Summen investiert. Vor wenigen Tagen ist nun ein Fall der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder (GGL) bekanntgeworden, der zumindest einige Fragen aufwirft.
Konkret handelt es sich um eine Studien-Vergabe an Dr. Tobias Hayer im Wert von 756.302,52 Euro, die milde ausgedrückt Fragen aufwirft.
Mit dem neuen Glücksspielstaatsvertrag in Deutschland hat es in der hiesigen Gaming-Welt zahlreiche Veränderungen gegeben, deren Wirkung noch nicht wirklich abschätzbar ist.
Es ist daher richtig und verständlich, dass die GGL eine entsprechende Evaluierung benötigt, aus der hervorgeht, ob die Maßnahmen zum Spielerschutz im Internet ausreichend sind oder ob weitere gesetzliche Anpassungen vollzogen werden müssen.
In der kürzlich veröffentlichten Pressemitteilung der GGL heißt es dazu nur, dass die Untersuchung von Dr. Tobias Hayer, Institut für Public Health und Pflegeforschung, durchgeführt wird.
Sicherlich werden sich einige Glücksspiel-Experten fragen, warum die GGL die lukrative Studie an den einzigen Beiter Hayer und sein Team an der Universität in Bremen gegangen ist? Die Antwort ist recht einfach.
Dr. Tobias Hayer war im Verfahren der einzige Bieter. Die GGL hat von einer anderen Stelle ein entsprechendes Kostenangebot erhalten. Offiziell wird dies von der Behörde zwar bedauert, in Wahrheit hat man dafür aber selbst gesorgt.
Die Ausschreibung für das Forschungsdesign ist Ende März 2023 europaweit veröffentlicht worden. Der Knackpunkt – mögliche Interessenten hatten nur 30 Tagen Zeit, um ein entsprechendes Angebot vorzulegen.
Gerade in der Zeit über Ostern war das gewählte Zeitfenster milde ausgedrückt – sportlich. Eine detaillierte Angebotsausarbeitung von externen Glücksspiel-Experten war faktisch nicht möglich.
Dr. Tobias Hayer und sein Team dürften beim Entwurf vom Forschungsdesign indes keinerlei Probleme gehabt haben. Sie waren bestens vorbereitet. Kritiker meinen, dass Hayer die Ausschreibung selbst ausgearbeitet hat, um diese schlussendlich zu gewinnen.
Der Bremer Wissenschaftler forscht seit über 20 Jahren zum Thema „Glücksspielsucht“. Er gilt als Hardliner und Verfechter strengster Maßnahmen.
Hayer ist Mitglied im Fachbeirat Glücksspiel, der die Bundesländer und die GGL berät.
Im April 2021 hat es nachweislich eine Zusammenkunft zwischen den Landes- und den Behördenvertretern gegeben, in der es um die Evaluierung der Glücksspielmaßnahmen in Deutschland.
Im Mittelpunkt der damaligen Sitzung stand Dr. Tobias Hayer, der zahlreiche Vorschläge zum Prozess eingebracht hat. Die Empfehlungen sind damals in Schriftform an alle Bundesländer gegangen.
Nach der ersten Publikation hat Hayer in der Folge weitere dezidierte Handlungsempfehlungen und Studien zum Thema verfasst.
Die GGL hat in einer Stellungnahme bestritten, dass Dr. Tobias Hayer eine Ausschreibung gewonnen habe, die von ihm selbst entworfen wurde. Der Glückspielrat habe schließlich nur eine beratende Funktion.
Richtig ist aber, dass in den Auftragsausschreibung ein Großteil der Handlungsvorschläge von Hayer umgesetzt wurden. Das Bremer Wissenschaftlerteam hatte somit keine Mühe, ein passendes Angebot innerhalb kürzester Zeit einzureichen.
Das Online-Magazin Business Insider hat den beschriebenen Sachverhalt mehreren Vergaberechtlern und Wissenschaftlern zur Prüfung vorgelegt. Die Meinung der Experten ist eindeutig: Es handelt sich faktisch um einen geplanten Lottogewinn.
Der Gemeinsamen Glücksspielbehörde muss klar gewesen sein, dass nur Tobias Hayer die Vorgaben erfüllen kann. Mit der Einreichungsfrist von 30 Tagen habe man sich zwar an die gesetzlichen Vorgaben gehalten, jedoch automatisch andere mögliche Bewerber ausgeschlossen.
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